Der Gliesmaroder Bahnhof an der Ausfallstraße Hans-Sommer-Straße führt seit Jahren ein blasses Schattendasein. Die Stadt hat sich daher 2017 zum Ziel gesetzt, den Bahnhof samt Vorfläche zu einem modernen “Mobilitätsverknüpfungspunkt” umzubauen.
Jedoch: Die letztes Jahr im Planungs- und Umweltausschuss beschlossene Planung sieht zukünftig keinen durchgehenden Radweg entlang der Südseite dieser Magistrale mehr vor, und für eine neue Stadtbahnquerung sind Drängelgitter vorgesehen.
Obwohl dort, durch die Verknüpfung von Bus– Straßenbahn- und Regionalbahnlinien durchaus Potential vorhanden ist, blieb der Platz bisher hinter seinen Möglichkeiten zurück, der Zugang zum Bahnsteig liegt etwas versteckt und ist nicht barrierefrei. Zudem gibt es kaum Abstellmöglichkeiten für Fahrräder. Das soll sich nun bald ändern: Nachhaltige Mobilität und zumindest der ruhende Radverkehr stehen nun scheinbar im Fokus, mit neuen Abstellplätzen und reservierten Flächen für Lastenradverleih oder Radstation. Der fließende Radverkehr wird an dieser wichtigen Ausfallstraße jedoch Einschränkungen hinnehmen müssen, denn er bekommt eine sehr unstete Führung und soll auf dem Platz verlangsamt werden, während nebenan der Autoverkehr nach wie vor mit 50km/h vorbeifließt.
Was verbessert sich?
- Komplette Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes um die Tankstelle herum
- 130 Abstellplätze für Fahrräder, zum Teil überdacht und abschließbar
- Flächen für eine optionale Fahrradwerkstatt oder Lastenradvermietung
- Verlängerung des Ringgleises mit einer Breite von 6,20m über den Bahnhofsplatz und die Hans-Sommer-Str./Berliner Str.
- Integration der Bushaltestelle in die Straßenbahnhaltestelle (teilweise), Verlegung der Haltestelle aus dem Brückenbereich stadteinwärts
- Barrierefreier Ausbau mit neuer Rampe vom Ringgleis hinauf zwischen die Bahngleise
Kritik
Neue Umlaufsperre vorgesehen
Östlich der Brücke sollen, im Zuge einer neuen Querung über Straße und die Stadtbahnschienen, neue Umlaufsperren entstehen, im Volksmund auch bekannt als “Drängelgitter”.
Dieses Instrument der Verkehrsplanung ist bei Radfahrenden (und auch Fußgängern) zurecht unbeliebt und trotz Alternativen noch nicht aus dem Stadtbild verschwunden, beispielsweise am Radeklint und Wöhrdenweg. Gegen Umlaufsperren an dieser Stelle spricht aus unserer Sicht folgendes:
- Umlaufsperren behindern insbesondere Kinderwagen und Radfahrende. Für Lastenräder, Liegefahrräder und Fahrräder mit Anhänger stellen diese sogar oft ein unüberwindbares Hindernis dar.
- Durch Umlaufsperren in Z-Form können die Bahngleise nur in spitzem Winkel gequert werden, was für Radfahrende im Allgemeinen gefährlich ist.
- Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn eine mögliche Anbindung an einen 4m breiten Radschnellweg in einer solchen Lösung endet.
- Der in den Plänen eingezeichnete Aufbau widerspricht gängigen Regelwerken: Gemäß den “Empfehlungen für Radverkehrsanlagen” (ERA 2010, zu deren Einhaltung sich die Stadt 2012 selbst verpflichtet hatte), ist zwischen Umlaufsperre und Gleis bzw. Straße ein Abstand von 3m als sichere Aufstellfläche einzuhalten. Dieser Abstand ist hier nicht gegeben (siehe Abbildung). Auch dürften sich die beiden Bügel in Fahrtrichtung nicht überlappen um bspw. Liegefahrräder nicht zu behindern.
Hier stellt sich die Frage, ob Umlaufsperren tatsächlich nötig sind, oder ob es nicht noch andere Wege gibt, die Querung abzusichern. Die Ringgleis-Querung über die Bahngleise wird zumindest ohne Gitter und stattdessen mit Ampeln geplant.
Unstrukturierte Verkehrsführung
Wo der Radverkehr auf der Südseite der Hans-Sommer-Straße heute über, zwar schmale, aber immerhin “echte”, asphaltierte Radwege abgewickelt wird, gibt es in Zukunft keinen durchgehenden Radweg mehr. Insgesamt sind im Bereich des sanierten Bahnhofsplatzes auf einer Länge von 200m 7 (!) verschiedene Führungsformen vorgesehen (siehe Abbildung): klassische Radwege (1), Radfurt über die Kreuzung (2), Radfahrstreifen (3), sogenannte Multifunktionsflächen (4), das Ringgleis als gemeinsamer Geh- und Radweg (5), Zwei-Richtungs-Radwege (6) und Mischverkehr auf der Straße (7).
Den Platz per Fahrrad zu queren wird so recht unübersichtlich und unnötig stressig. Stadtauswärts wäre es jedoch durchaus möglich, einen komfortablen Radweg zu realisieren, der kein Stückwerk ist , indem man einen neuen Radweg neben der Straße unter der Brücke anlegt (siehe unten unter “Konstruktive Verbesserungsvorschläge”).
Konflikte zwischen Fuß- und Radverkehr vorprogrammiert
Ein großer Nachteil von gemeinsamen Geh- und Radwegen ist: Man kommt sich gegenseitig unabsichtlich in die Quere. Die dann entstehenden Nutzungskonflikte entstehen im Allgemeinen ohne bösen Willen, es ist einfach ein Automatismus, der sich aus der örtlichen Gegegenheit ergibt.
In der Planung enden alle Radverkehrsführungen auf der Platzfläche oder gemeinsamen Geh- und Radwegen, zum Teil führen diese sogar direkt neben der Haltestelle entlang, wo Fahrgäste ein- und aussteigen und Wartehäuschen zusätzlich die Sicht einschränken.
Warum wurde das so geplant? Die Stadt sagt, die Verkehrssicherheit solle so verbessert werden:
“Im Umfeld des Bahnhofs Gliesmarode kreuzen sich viele Fuß- und Radverkehrsbeziehungen. Mit dem Auflösen der Wege im Verknüpfungsbereich wird eine Verkehrsberuhigung bewirkt, die die Verkehrssicherheit im zentralen Kreuzungsbereich erhöht.”
– Stadt Braunschweig Quelle: “Mobilitätsverknüpfungspunkt Bahnhof Gliesmarode” inkl. Auswertung der Informationsveranstaltung im Ratsinformationssystem
Wie sich eine Durchmischung von Rad- und Fußverkehr anfühlt, kann man täglich am Bohlweg erleben, wobei dort sogar (unauffällige) Radwege vorhanden sind. Deshalb fordern wir, wie übrigens auch viele Fußgänger, eine bessere Trennung von Rad- und Fußverkehr.
Fazit
Dass sich an der Situation am Gliesmaroder Bahnhof überhaupt etwas tut, wird dem Ort sicher gut tun. Hier wird man in Zukunft bequemer umsteigen und sein Fahrrad abstellen können, mit direkter Anbindung ans Ringgleis und vielleicht auch an einen Radschnellweg.
So weist die Planung aus dem letzten Jahr aber Schwächen auf, die nicht sein müssten, wie in den Beispielen unten dargestellt. Man muss diesen Platz wohl als Sinnbild dessen interpretieren, was in Braunschweig in Sachen Radverkehr im Moment möglich ist.
Wir meinen: Für den Radverkehr, braucht es, genauso wie für Fußgänger, stressfreie Lösungen, die gerne benutzt werden. Denn wer dient schon gerne selbst als Verkehrsberuhigungsmaßnahme?
auf 200m 7 verschiedene Wegarten…. Würde ich jetzt mal meine Meinung dazu sagen, müsste der Kommentar zensiert werden. Deswegen denkt Euch einfach, was ich und viele Menschen dazu sagen würden.
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Weitermachen!
kürzlich hat man ein VZ254 “Verbot für Radfahrer” in Fahrtrichtung Norden an der Haltestelle gegenüber der Ringgleiswegeinmündung installiert.
vollkommen unpraktikabel, weil Radfahrer nun im Zickzackkurs um die Tankstelle kurven sollen. glaube kaum, dass sich viele daran halten werden, VZ240, Freigabe in beide Richtungen wäre radfahrerfreundlicher gewesen.
Seit dem das BS-Forum, respektive der AK Ringgleis die Fertigstellung desselben auf biegen und brechen mittels Kompromißlösungen und Alternativrouten durchringt, kommt nur noch Mist dabei raus.