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Ein Veloroutennetz für Braunschweig

Am 30. Juni 2021 wurden im Rat der Stadt Braunschweig zwei grundlegende Beschlüsse zu Velorouten gefasst. Diese bilden die Basis für den Aufbau des Veloroutennetzes in den kommenden Jahren. Erstens wurde eine Definition für Veloroute einschließlich Qualitäts- bzw. Gestaltungskriterien gefasst. Zweitens wurde der Verlauf und die Realisierung der ersten Veloroute als Pilotprojekt beschlossen. Diese soll vom Umfeld des Schlossplatzes, später über die Helmstedter Straße, bis zur Stadtgrenze am Schöppenstedter Turm verlaufen, möglicherweise mit einem Abzweig nach Rautheim. Sie entspricht damit im wesentlichen der “Veloroute 4” des untenstehenden, von den Verbänden vorgeschlagenen Zielnetzes.

Damit kann nun die konkrete Planung für die Pilot-Veloroute beginnen. Ob diese schon begonnen wurde und wie ggf. der Planungsstand ist, ist uns nicht bekannt.

Zudem hat die Stadtverwaltung angekündigt, bei der Vorbereitung des Veloroutennetzes im Rahmen des Mobiliätsentwicklungsplans auch den Verlauf einer zweiten Veloroute festzulegen.

Das Gesamtnetz wird unterdessen im Rahmen des Mobilitätsentwicklungsplans entworfen. Dieser wird für 2023 erwartet und soll im Stadtrat beschlossen werden. Um die öffentliche Diskussion über das zukünftige Veloroutennetz zu beginnen, haben wir gemeinsam mit fünf weiteren Braunschweiger Rad- und Mobililtätsverbänden bereits im Februar 2021 ein Konzept vorgelegt (siehe unten).

Hat Braunschweig nicht schon ein Radverkehrs-Netz? Jein. Es gibt Wegweiser, die Routen im städtischen Radnetz empfehlen – aber diese Routen wurden als Wegweisung über bestehende Infrastruktur gelegt. Sie sind nicht verbunden mit einem verlässlichen, durchgehenden Qualitätsniveau und weisen stark variierende Radverkehrsführungen (Radwege, Schutzstreifen, Tempo-30-Zonen) mit teilweise mangelhafter Qualität auf. Teilweise sind sie auch umwegig angelegt um schwierigen Stellen aus dem Weg zu gehen. An Kreuzungen ist der Verlauf einer Route allenfalls an der (zurückhaltenden) Beschilderung ersichtlich.

Beim Veloroutennetz geht es darum, durchgehende Strecken in einem hohem Qualitätsstandard zu schaffen. Eine Veloroute soll als Garantie wahrgenommen werden können, dass man auf ihr sorglos, mit verlässlichem Komfort, zügig und sicher per Rad durch die Stadt kommt. An Kreuzungen soll man intuitiv entlang der durchgehenden Veloroute geführt werden.

Der Ausbau von Strecken mit bisher bruchstückhafter Radinfrastruktur zu Velorouten ist eine große Chance, den Radverkehr in Braunschweig auf ein neues Qualitätslevel zu heben und attraktiver insbesondere für Pendler sowie Familien und Kinder zu machen. Kann eine zusammenhängende Strecke, bspw. vom Wohnort in die Innenstadt oder von dort zur Arbeit plötzlich viel besser mit dem Rad befahren werden, motiviert das besonders, das Fahrrad zu nehmen. Damit kann das Veloroutennetz einen Beitrag zur Verkehrswende und zum Klimaschutz leisten.

Als Projekt kann jede Veloroute Baumaßnahmen katalysieren und damit insgesamt den Ausbau der Radinfrastruktur erheblich beschleunigen. Durch das klare Ziel, ganze Streckenzüge durchgehend in einen attraktiven, sicheren und komfortablen Zustand zu versetzen, wird ein Anspruch formuliert, der eine Diskussion über die Qualität und die Durchgängigkeit von Radverkehrsführungen fördert.

Menschen, die Rad fahren, sind eine vielfältige Gruppe hinsichtlich Alter, Geschlecht, Fitness, Wegzielen und Stressresistenz.

Velorouten sollen das Radfahren im Alltag erleichtern. Für alle, von 8 bis 80+, egal ob beim Pendeln zur Arbeit, beim Einkaufen, auf dem Weg zur Schule oder zur Uni.

Dafür ist die Gestaltung von Velorouten an den Nutzenden auszurichten, die die höchsten Anforderungen hinsichtlich Sicherheit, intuitiven Verkehrsführungen, Schutz vor dem Autoverkehr und Verständlichkeit des Netzes haben: Kindern ab 8 Jahren. Auch dieser Nutzergruppe soll Radfahren als eine selbstverständliche und selbstbestimmte Mobilitätsform offenstehen. Ist eine Veloroute für die „schwächste“ Nutzergruppe geeignet, werden auch alle anderen dort fahren können.

Deshalb sollen die Velorouten eine weitgehende bauliche Trennung zum Kraftfahrzeug-Verkehr erhalten. Radfahrstreifen und Schutzstreifen sind als Führung nicht geeignet. Festgelegt ist in der Braunschweiger Velorouten-Definition, dass Velorouten mehrere Führungsformen bekommen können, nämlich:

  • Führung auf Radwegen,
  • geschützten Radfahrstreifen,
  • bevorrechtigten Fahrradstraßen mit flankierenden Maßnahmen zur Minimierung des Kfz-Durchgangsverkehrs,
  • oder sonstigen in gleichem Maße sicheren und komfortablen Straßen oder Wegen.

Jede und jeder soll auf Velorouten in ihrem oder seinem Tempo unterwegs sein können. Überholen soll genauso möglich sein wie Nebeneinanderfahren, denn Radfahren ist eine soziale Mobilitätsform, die zum Austausch einlädt. Auf stark nachgefragten Strecken sollte sogar beides gleichzeitig möglich sein.

Mit dem Ratsbeschluss zum Radentscheid vom 14. Juli 2020 wurde ein umfangreicher Ziele- und Maßnahmenkatalog zum Ausbau des Radverkehrs beschlossen. Ein zentrales Projekt ist der Aufbau des Veloroutennetzes.

Maßnahme 3 des Katalogs sieht vor, dass eine Gesamtplanung für ein Veloroutennetz vorgestellt wird, dessen radiale Velorouten alle Stadtteile möglichst direkt an die Innenstadt anbinden. Dies soll im Rahmen des aktuell sich in Erarbeitung befindlichen Mobiliätsentwicklungsplans geschehen. Die Velorouten sollen besonders komfortabel ausgebaute, für alle Altersgruppen sicher befahrbare, nummerierte, ausgeschilderte und durchgehend Routen für den Alltagsradverkehr sein.

In Maßnahme 6 werden Ansätze für Qualitätskriterien definiert. Diese sollten nachträglich noch präzisiert werden, was auch geschehen ist. So sollen Velorouten normalerweise auf Radwegen, Fahrradstraßen oder sonstigen in gleichem Maße sicheren und komfortablen Straßen oder Wegen geführt werden. Bereits vorhandene Radwege können nur als Veloroute ausgewiesen werden, wenn sie mindestens 2 m (Einrichtungsradwege) bzw. 3 m (Zweirichtungsradwege) breit sind. Im Neubau sollen Velorouten im Regelfall mindestens Braunschweiger Standard entsprechen. Eine weitergehende Definition wurde bereits beschlossen. Ausnahmen an Engstellen sollen aber möglich sein, damit Velorouten an schwierigen städtebaulicher Situationen (bspw. Bestandsgebäude, Brücken, etc.) nicht unterbrochen werden müssen.

Das in Maßnahme 8 aufgestellte Ausbauziel von 35 km neuen Radwegen im Braunschweiger Standard bis 2030 ermöglicht den Bau vieler neuer Radwege, was Handlungsspielraum für das Veloroutennetz schafft. Das Kilometerziel kann allerdings immer noch auf Velorouten und andere Radwege verteilt werden, was für die Stadtverwaltung die Offenhaltung einer nötigen Flexibilität beim Priorisieren, Abwägen und Planen sicherstellt.

Maßnahme 8.1 schließlich beinhaltet die zeitnahe Errichtung einer ersten Veloroute als Pilotprojekt.

Unabhängig vom Veloroutennetz, aber in Anlehnung an den Standard soll zudem die Uferstraße ausgebaut werden. Dies nicht gleich als Veloroute anzugehen hat den Hintergrund, dass die genaue Routenführung einer Veloroute gen Norden (Wenden, LK Gifhorn) noch untersucht werden muss. Die Uferstraße verläuft zwar gerade nach Norden, endet jedoch an der Siedlung Schwarzer Berg und müsste dort über kurvenreiche, kompromissbehaftete Streckenführungen weiter nach Norden (Wenden, Meine) angeschlossen werden. Im Vergleich verläuft die Hamburger Straße direkter, erschließt mehr Nutzungen, weist jedoch durch den starken Kfz-Verkehr einen zusätzlichen Stressfaktor auf. Der Abwägung, wie die Veloroute verläuft, sollte mit dem Ausbau nicht vorgegriffen werden.

Konzept der Braunschweiger Radverbände

Mit dem Ratsbeschluss zum Radentscheid vom 14. Juli 2020 wurde ein umfangreicher Ziele- und Maßnahmenkatalog zum Ausbau des Radverkehrs beschlossen. Ein zentrales Projekt ist der Aufbau des Veloroutennetzes (Maßnahmen 3, 6 und 8.1). Mit anderen Worten: Im Braunschweiger Radnetz soll ein neues Qualitätslevel eingeführt werden, das richtig gut ist und Spaß macht.

Diese Perspektive nahmen wir Anfang 2021 gemeinsam mit dem Braunschweiger ADFC, braunschweiger Forum, MoVeBs, BI Radweg jetzt – Völkenrode, und VCD Braunschweig zum Anlass, unsere Ideen zum Veloroutennetz in einem Konzept vorzustellen. Den Netzentwurf haben die Rad- und Mobilitätsverbände am 14. Februar 2021 Herrn Stadtbaurat Leuer für die Stadtverwaltung übergeben. Wir wollen damit die öffentliche Diskussion über das zukünftige Veloroutennetz eröffnen.

Wir machen Vorschläge für ein Zielnetz und für Entwurfs- und Qualitätsstandards, die wir für erforderlich halten.

Auf dieser Seite könnt Ihr das Konzept in voller Länger herunterladen.

Titelblatt Broschüre: Ästhetisch gestalteter Radweg mit rotem Asphalt.
Broschüre “Velorouten: Ein Netz das alle verbindet.”

Entwurf für ein Zielnetz

Entwurf eines Zielnetzes. 12 radiale Velorouten aus den Ortsteilen ins Stadtzentrum und 3 Veloringe, die Querverbindungen herstellen.
Entwurf eines Zielnetzes.
Diese Strecken wären prioritär durchgehend komfortabel und hochwertig auszubauen.

Der Vorschlag folgt einer Philosphie: Straßen, welche heute nicht gut für Radfahrende sind, müssen nicht so bleiben. Man sollte langfristig bis 2030 und darüber hinaus planen, heutige Lücken im Netz erkennen, durch Umbau schließen und Angebotsplanung machen. Es werden keine Wege abgebaut, sondern Velorouten neu und oft zusätzlich eingeführt. Das heißt, jeder kann seine ruhigen Wege behalten, aber die schnellen, direkten und oft gut erschlossenen Routen sollen sicher und komfortabel ausgebaut werden. Der Ausbau einer Strecke zur Veloroute wird so zur Gelegenheit, städtische Räume zu verschönern, zu sanieren und lebenswerter zu gestalten.

Mehr dazu

Pressemitteilung zur Übergabe des Konzeptes an die Stadtverwaltung

Eindrücke von der Übergabe mit Video

ADFC Braunschweig zur Übergabe

Pressespiegel

Braunschweiger Zeitung: So soll das Radwege-Netz der Zukunft aussehen (Paywall)

Braunschweiger Spiegel: Entwurf für Veloroutennetz vorgestellt