Wir rufen auf zu einer Kundgebung am Donnerstag vorm Rathaus um 14:30 Uhr. Wir wollen Stellung beziehen zu der einmaligen Chance, den Radverkehr für den Nordosten Braunschweigs voranzubringen.
Wir haben weiterhin die Mitglieder der Bezirksräte und des AMTA aufgerufen, für die Variante 1 zu stimmen.
Kommt dazu: am Donnerstag 14:30 Uhr vorm Rathaus!
Hintergrund
Nach langer Vorbereitung gibt es am Donnerstag im AMTA, im Ausschuss für Mobilität, Tiefbau und Auftragsvergabe die Entscheidung: Wird in der Grünewaldstraße eine Unterführung gebaut, oder nicht? Der Termin kommt insofern überraschend, als dass erst eine Woche eine Beschlussvorlage der Verwaltung vorliegt, die selbst keinerlei eindeutige Empfehlung enthält.
Das wäre halb so wild, wenn nicht eine der beiden Lösung mit dem Nachteil kommt, dass wohlmöglich gar nichts ausgebaut wird, weder die Grünewaldstraße noch die Parallelen Karlstraße / Gliesmaroder+Berliner Straße. In der Verwaltungsvorlage gibt es nur einen sehr dezenten Hinweis, dass eine höhengleiche Kreuzung= ein Bahnübergang sich nachteilig auf den Radverkehr für Jahrzehnte auswirkt.
Was spricht für Variante 1
Die Vorteile de Variante 1 sind unter anderem
- Höchst attraktive Route für 25.000 Menschen in Gliesmarode, Volkmarode, Schapen und Querum
- Kreuzungsfreie Querung – keine Konflikte zwischen Bahn + Fuss- und Radverkehr
- Zunahme und Abwicklung des Schienenverkehrs ohne Beeinträchtigung
- Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer, kein Angstraum
- ein zusätzlicher Bahnsteigzugang
- geringere Steigung als ohne Unterführung
- die Planung wird von einem Büro der DB übernommen, keine Überforderung der Verwaltung
Dies beschreibt auch unsere Stellungnahme vom 28.05.2023
Wir haben als landschaftliche Kompensation im Umfeld eine Baumreihe in der Grünewaldstraße vorgeschlagen.
Was spricht dagegen?
Die Nachteile sind auch schon klar: es gibt
- eine lange Bauzeit,
- es werden 34 Bäume, davon 8 größere gefällt,
- es ist ein erheblicher Eingriff ins Landschaftsbild und
- es wird natürlich Beton verbaut.
- Kritiker sprechen auch für eine Schwächung des Mikroklimas vor Ort. Das darf allerdings bezweifelt werden, denn die Nähe zum Prinzenpark wird auch künftig das Mikroklima prägen.
Eine Klimafolgenbetrachtung ist nicht in der Verwaltungsvorlage enthalten. Das kann auch daran liegen, dass die Verfahren dafür noch recht vielfältig offen sind und jeder gern rechnet, wie es ihm gefällt. Insgesamt gehen die Mobilitätsverbände ADFC, VCD, wir, MoveBS, und der Regionalverband davon aus, dass diese Nachteile durch den einen Vorteil im überragenden Maße ausgeglichen werden:
Wir bekommen Leute aufs Rad!
Wie war das mit dem Klima?
Klimaschutz ist ein Kernanliegen der Verkehrswende. Allerdings streiten sich Umwelt- und Klimaschutzgruppen darüber, wo die Verkehrswende denn stattfinden darf. Hier ist es zum Beispiel ungünstig, weil hier Bäume stehen. Wir erwarten eine Gegendemo am Donnerstag. Beim Neubau des Autobahnkreuz Süd gab es die nicht.
Die Treibhausgasemissionen THG werden in CO² angegeben, der sich aus der Herstellung der Materialien und der Aufwände beim Bau ergibt. Beim Rückbau kann das eingesetzte Material zum großen Teil wiederverwendet werden, was zwar auf aufwändig ist, aber die Emissionen reduziert.
Ein sehr erfahrener Betonbauingenieur, Thomas Adam, schreibt dazu:
Ein nettes kleines Trogbauwerk. Es steht fast bis zur Decke im Wasser. Deshalb braucht es viel Masse, um gegen Aufschwimmen genügend Ballast zu haben. Die Geometrie scheint mir deshalb plausibel. Ohne Grundwasser könnte man die Bauteilstärken vermutlich halbieren. Das es sich um massige Bauteile handelt, würde man Hochofenzement einsetzen. Der hat nur 40-50% Zementklinkeranteil. Der Zementanteil im Beton würde auch niedrig sein, ca. 270 kg/m3 (70% von normalem Hochbaubeton). Beides sollte günstig auf die Umweltbilanz sein.
Es handelt sich nach einer Grobschätzung von Dipl.Ing. Ulrich Wanzelius um 2043 m³ Stahlbeton. Er geht damit von 694 t CO² aus für das Material und 760 t CO² insgesamt mit dem Bau. Wir haben zwei Vergleichsrechnungen angestellt und kommen auf etwa 1.000 t CO². Einer Berechnung von Leonhardt Pröttel (Mai 2023) zufolge handelt es sich um 2.785 m³ und damit 962 t CO². Der folgenden Illustration zufolge wären es 3.264 m³ Stahlbeton.
Nur um zu verdeutlichen, wie es baulich in etwa aussieht: Die Fundamente der des Trogs ergeben sich aus den Plan-Zeichnungen, die der Brücken sind frei angenommen:
Es handelt sich insgesamt um eine ganz schöne Menge Beton. Bevor es nun völlig akademisch wird:
Überschlägige Rechnungen zeigen, dass die Menge an Beton völlig egal ist. Warum?
Das Bauwerk steht gut gegründet 80-100 Jahre. Bei linerarer CO²-Abschreibung wären das 12.5t CO² pro Jahr. Das sind wenige Menschen, die für ein paar Kilometer jährlich das Auto stehen lassen (21 Pendler mit 10km Weg = 0,6tCO²). Bei 4.000 möglichen Nutzern müsste jeder Nutzer nur 3,125 kg CO² (12.5t/4.000) sparen. Zum Beispiel also 24 km Auto (130g/km *24=3,125kg) sparen. Hiermit wird klar:
Wieviel Beton verbaut wird, ist fürs Klima irrelevant
Selbst wenn man kürzer bis 2045 abschreibt, wären es erreichbare Zahlen.
Überflüssig würde das Bauwerk nur dann, wenn wir künftig auf motorisierten Individualverkehr = das Auto mit all dem es begleitenden Aufwand komplett verzichten, also wenn die Berliner Straße autofrei wird.
Realistischer: Wie viele Radfahrer werden wir gewinnen? Darüber können Bilder vielleicht mehr aussagen.
Wie sieht das eigentlich aus?
Es ist ein wuchtiges Bauwerk, aber ein Angstraum ist es nicht. Sehen Sie selbst.
Was, wenn sie nicht kommt?
Dann ist wieder alles beim alten und wir quälen uns durch die Berliner+Gliesmaroder Straße oder warten am Bahnübergang oder haben Glück und es kommt kein Zug, weil der schon abgefahren ist.
An die Engagierten der Fahrradstadt Braunschweig,
seid ihr jetzt komplett “verstrahlt”, zu einer Demo für die Variante 1 aufzurufen? Wenn wir nicht vernünftig wären und an die Ausgewogenheit der Abstimmung im AMTA glauben würden, dann käme es parallel zu einem Aufruf der Gruppe Baumschutz und diversen anderen Naturschutzorganisationen. Das würde vor dem Rathaus zu einer “Keilerei” derjenigen führen, denen die Klimaanpassung allen am Herzen liegt – nur die Wege sind andere.
Den Link zu eurer Präsentation (Visualisierung der Variante 1) gebe ich gerne weiter. Ist doch eher ein Argument für die Schrankenlösung – WER WILL DENN SO WAS ???
Hallo ihr Engagierten der Fahrradstadt Braunschweig,
ihr habt es geschafft, die Umwelt- und Mobilitätsgruppen zu spalten. Das war kein Glanzstück. Die anderen freuen sich einen Ast ab. Wie wollen wir jetzt die Klimawende bewerkstelligen, es ist nicht nur eine Frage der Innenstadtverdichtung und der Fahrrad-schnellstraßen. Es macht mich unendlich betroffen, wie ihr der Bürgerbeteiligung am BÜ Grünewaldstraße, aber auch dem Votum der beiden Bezirksräte 112 und 120 mit Ignoranz begegnet und euer Ding durchzieht. Es wird keine Gewinner geben, der eines der Grundfesten aller Veränderungen ist es, die Bürger mitzunehmen und auch den Tunnelblick aufzugeben. Warum habt ihr meinen letzten Kommentar einfach gelöscht. Es war ein Weckruf! Schade, wir haben so viel gemeinsam als braunschweiger forum gewuppt. Warum musstet ihr dies auch noch ohne unsere Zustimmung durchziehen? Jammerschade !!! Es wird keine Gewinner geben – nur Verlierer.
Ich bin nicht so begeistert von der Variante 1. Für mich ist das Gedankenwelt der 60 Jahr “Autogerechte Städte”, nur halt für Fahrräder. Enorme Dominanz der Verkehrswege für das Straßenbild! Eine Emsstraße für Fahrräder! Gebaut mit Kapazität von zigtausenden Fahrrädern und Fußgängern täglich für einen aktuellen Bedarf von nach meiner Einschätzung ein paar hundert Fußgänger•innen und Radlern täglich. Ob die Vorteile der Variante 1 mit der Unterführung wirklich so viele Nutzer anlocken wird, dass da mal so etwas ähnliches wie eine sinnvolle Auslastung erreicht wird? Ich habe Zweifel.
Dieses Prestigeobjekt wird durchgeboxt, anderweitig fehlt dann das Geld. Für eine zumutbare Radwegverbindung vom Kulturpunkt West zum Donauknoten. Endlich mal ein angemessenes Ampelsteuerungssystem, das Bedürfnisse von Rad- und Fußverkehr deutlich in den Vordergrund rückt und nicht einfach mit Betteltastern abspeist. Ganz ganz viele andere mehr!
Ich bin sehr für mutige Projekte für Verbesserung des Rad- und Fußverkehrs. Ab er die nun vom AMTA beschlossene Variante empfinde ich als Radverkehrs-Brutalismus.
Hallo Zusammen,
ich stimme den anderen Kommentaren zu. Oftmals liegt die Intuition und der erste Gedanke richtig. Die sagt bei mir hier zumindest, dass die Unterführung etwas übertrieben ist. Ein paar Begründungen die mir spontan einfallen:
– Die Züge fahren nicht sehr oft. Warten an sich ist auch nicht frustrierend, solange es einen guten Grund gibt. Frustrierend ist es aber z.B. wenn der Zug vorbeigefahren ist und wegen alter Technik bei der Bahn die Schranken sehr lange geschlossen bleiben obwohl kein Zug kommt.
– Was bringt die tolle Unterführung, wenn man danach und davor noch mindestens zehn mal in alle anderen Richtungen über Baumwurzeln oder Kopfsteinpflaster durchgeschüttelt wird oder fast von Autos angefahren? Dann ist die Unterführung ziemlich unwichtig.
– Wenn es schon jetzt so viel Debatte gibt, insbesondere über den Beton und den Brutalismus, warum ist das Berechtigt und warum nicht? Ich denke das wurde nicht gut verstanden und zwischen den Parteien geklärt.
Ich würde, wie immer, drei Dinge vorschlagen:
– Bessere Debattenkultur mit mehr Empathie und Emotionaler Intelligenz
– Pragmatismus und Professionalität (vor allem ein statistisches Betrachten der Situation, insbesondere aus der causal inference Sicht)
– Systemfokussiertes Denken und Planen: Darunter verstehe ich Probleme über die ganze Stadt zu betrachten. Im Verhältnis zum Rest von Braunschweig, ist die Situation hier für Radfahrer schon ziemlich gut (abgesehen von der veralteten Bahnschrankentechnik) und meiner Meinung nach sollten andere Abschnitte eine deutlich höhere Priorität bekommen, z.B. die Berliner-Straße oder die systematische Unterbeachtung des Radverkehrs bei der Stadtplanung. Dafür ist natürlich die richtige Wortwahl wichtig 😉